Posted by Seabhac - 14. April 2010
Er schritt schweigend zu den Regalen und Ständern mit Waffen und Rüstungen. Ein Helm, ein Brustpanzer, Armschienen, Handschuhe, schwerer Waffenrock und feste Stiefel. Dazu sein Schwert und einen großen, aber leichten Schild. In den Gürtel steckte er einen unterarmlangen
Dolch und zwei kleine Messer.
Dann trat er auf 10 Schritt Entfernung dem Orc-Krieger gegenüber, der sich während der Ankleideprozedur nicht gerührt hatte. Axt und Schild kampfbereit erhoben und in stoischer Ruhe wartend.
Ein Duell folgte zwar einigen Regeln, aber dass ein Kampf offiziell eröffnet wurde, davon war keine Rede.
Hätte er nicht so kampfbereit da gestanden, wäre ihm jeder geschleuderte Dolch zum Verhängnis geworden.
So aber blieb er in seiner abwartenden aber kampfbereiten Haltung und sah seinem Lehrmeister zu, wie er sich ankleidete und ihm gegenübertrat.
Er war sich nicht ganz sicher, was er genau hier tat, aber er wusste, dass er keine andere Wahl hatte, als diesen Kampf. Entweder würde er ihn gewinnen und bekam – vielleicht – was er wollte oder seine Existenz war ohnehin sinnlos und er konnte ebenso gut hier sterben.
Sein Gegenüber war von weit mehr Gedanken geplagt. Der Krieger dort vor ihm, der schwere Kampf, das Ende und die sich daraus ergebenden Konsequenzen sowohl für seinen Gegenüber als auch für ihn, … er wäre aber nicht so ein alter und erfahrener Kämpfer geworden, wenn er diese Dinge nicht quasi auf Knopfdruck hätte ausblenden können.
Er versetzte sich durch eine alte Meditationsübung in eine tiefe, aber kampforientierte Meditation, klärte seinen Geist, überlegte nur am Rande, dass sein Gegenüber wohl das Gleiche tun würde und schlug zum Zeichen, dass er bereit war, auf seinen Schild.
Der Orc-Krieger ihm gegenüber tat das Gleiche, obwohl es nicht notwendig gewesen wäre. Es war lediglich ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Gegner.
Beide fassten ihre Waffen fester und begannen langsam, sich zu umkreisen. Dem Lehrmeister sah man seine Erfahrung im Schildkampf deutlich an. Er handhabte den Schild eleganter und mit weniger Kraft als der Krieger. Diesem wiederum sah man die lange Erfahrung auf den Schlachtfeldern Azeroths und seine große Kraft deutlich an.
Er war ein ganzes Stück größer als sein Kontrahent und fast doppelt so breit. Und er war es auch, der den Kampf eröffnete. Mit einem weiten Schwung holte er mit seiner Axt aus und hieb auf das Schild des Lehrmeisters. Dieser Schlag war zwar mit großer Wucht geführt, aber dennoch nicht sonderlich gefährlich. Er diente mehr so dem Abtasten der Stärken und Schwächen seines Gegners.
Erwartungsgemäß parierte der Lehrmeister mit Leichtigkeit, aber dem Krieger entging nicht, dass der Arm seines Gegners etwas erbebte unter dem Schlag. Dieses galt es zu nutzen.
Bevor es aber soweit war, fintete der alte Kämpe, brachte einen Schlag auf den Stiel der Axt durch, weil sich der Orc-Krieger wieder mit Axt und Schild ins Gehege kam und riss eine Schramme in den Armschutz der Waffenhand.
Der Krieger brüllte auf. Plötzlich wallten rote Nebel vor seinen Augen. Die ganze aufgestaute Wut auf alles und jeden, die Unzufriedenheit und
Rastlosigkeit seiner Selbst, der in seinen Augen arrogante Lehrer… alles brach sich in diesem Moment Bahn und ließ ihn einen urwelthaften Laut ausstoßen, der dem Gegenüber durch Mark und Bein ging.
Ein Schlaghagel, wie er ihn der Alte noch nie erlebt hatte, fuhr auf ihn nieder. Die Axt des Kriegers, dessen Züge einer wutverzerrten Fratze ähnelten, drosch mit nie zuvor gespürter Wucht und in einer Geschwindigkeit, dass dem Lehrer mulmig wurde, auf seinen Schild ein.
Längst hing seine eigene Waffe am Riemen vom Handgelenk und er fasste den Schild mit beiden Händen, um der Wucht der Schläge überhaupt standhalten zu können.
Der Krieger stieß einen erneuten – fast tierhaften – Schrei aus, der ihm das Mark in den Knochen schier gefrieren ließ.
Noch härter wurden die Schläge, noch schneller prasselten sie auf seinen Schild ein und während er sich Meter um Meter in der Arena rückwärts bewegte – getrieben wurde – fragte er sich mit wachsender Verzweiflung, wie er diesem Sturm entkommen konnte. Der Schild wurde
schwer erschüttert, die Schläge hagelten in kürzesten Abständen auf ihn ein, das Material begann Auflösungserscheinungen zu zeigen.
Flüchtig dachte er daran, dass sein ehemaliger Schüler vielleicht den Verstand verloren hatte.
Ein dritter Schrei durchschnitt die Luft, wie wahnsinnig klingend, Schmerz, Wut und Hilflosigkeit in nie geahnter Intensität ineinander verwoben zu einer Kakophonie des beginnenden Irrsinns, dass er ernsthaft zu fürchten begann, aus dieser Situation nicht mehr lebendig herauszukommen.
Doch war er ein alter Kämpfer, bildete seit vielen Jahren kommende Kriegergenerationen aus und war schon aus so vielen Kämpfen siegreich
hervorgegangen, dass er sich nach kürzester Zeit wieder fing.
Sein Gegenüber hatte den Schild fallen lassen und die Einhandaxt mit beiden Händen gefasst – einmal Zweihandkämpfer, immer Zweihandkämpfer – dachte er im Bruchteil einer Sekunde und nutzte die dadurch offene Deckung kompromisslos aus.
Jedwede Halbheit wäre für ihn tödlich gewesen und so drehte er sich im Schutz des halb über den Kopf gezogenen Schildes halb unter dem Krieger weg, sodass er kurz neben ihm stand.
Dieser – in seinem irrsinnigen Kampfrausch keiner Wahrnehmung mehr zugänglich –hatte die Bewegung nicht bemerkt und registrierte erst, dass sich kein Schild und Gegner mehr am geschäftlichen Ende seiner Axt befanden, als sein Lehrer – eine Hand auf seine Schulter stützend – einen Sprung halb um seine Rückfront vollführte, im Sprung das Schild mit beiden Händen an den Schmalseiten fasste und ihm mit fürchterlicher Gewalt den Rand in den schmalen Spalt zwischen Hals und Schulterstücken hämmerte. Zwar bedeckte dort Kettengewebe den Hals und den Übergang zur Schulter, aber der stumpfen Gewalt dieses Hiebs hatte die Kette, die mehr eine Schwert- oder Axtklinge ablenken sollte, nichts entgegenzusetzen.
Die Blutzufuhr zum Gehirn wurde abrupt unterbrochen und der Krieger fiel – wie vom Blitz getroffen – zusammen, schlug lang vornüber aufs Gesicht und rührte sich nicht mehr.